Das ZeitZeug_ Festival 2016 fand über drei Tage hinweg an verschiedenen Standorten in Bochum statt.
Jens Eike Krüger
1982 entdeckte Daniel Shechtman bei der Kirstallstrukturanalyse einer Aluminium-Mangan-Legierung eine Struktur, die der Symmetrie eines Ikosaeders gleichkam. Ungewöhnlich, denn eigentlich ordneten sich die verwendeten Elemente in aperiodischen Strukturen an, bildeten hier aber kristalline Geometrien. 2011 erhielt er für die Entdeckung dieser, aus der Unordnung geborenen Ordnung den Nobelpreis.
Nimmt man eine Karte von Bochum, verbindet alle Spielstätten des Zeitzeug, die Unterbringungen und alle Gebäude über 25 Meter Höhe in der Stadt, so erhält man: nichts! Auf den ersten Blick. Jens Eike Krüger führt in performativen Spaziergängen die Besucher_ innen des Zeitzeug_ von einer Location zu einer selbigen. Schuhe an: Willkommen im Quasikristall Bochum!
Über den Künstler:
Jens Eike Krüger ist Autor, Zeichner, Performancekünstler und Barde. Er hatte eine Radiosendung für Kinder, landete versehentlich auf der Shortlist für den deutschen Karikaturenpreis und hat eine Maschine gebaut, um Kerne in Obst nachzuweisen. Und er hat die Haare schön – munkelt man…
Kiss me hard before you go – Eggert / Schettel
KISS ME HARD BEFORE YOU GO ist eine performative Dauerinstallation.
Der Raum füllt sich in einem langwierigen Umwandlungsprozess mit unbrauchbar gewordenen Informationen, verjährten Liebesbekundungen und längst vergessenen Erinnerungen. Plötzlich taucht da eine andere Landschaft auf, eine leichte Bewusstseinstrübung, fragil und herrschaftlich zugleich. Ein Ort, der fremd, aber nicht unheimlich ist.
Goodbye old world. Hallo neue Heimat.
Das Publikum ist eingeladen wertvolle oder nie wertvoll gewesene Informationen und liebevollen Erinnerungen in die Stadtbücherei zu bringen und den Künstlerinnen zur Bearbeitung zu übergeben.
Über die Gruppe:
Laura Eggert und Lisa Schettel haben sich beim Studium der Angewandten Theaterwissenschaft kennen gelernt und seitdem diverse Projekte an der Schnittstelle von Performance, Installation und Happening zusammen realisiert. Ihre Arbeiten sind international auf Kunst- und Theaterfestivals zu sehen.
Mitwirkende:
Acts of Politeness – El Cuco Projekt
In “Acts of Politeness” spielen und interagieren zwei Mensch-Tier-Figuren mit westlichen Höflichkeitsformen und instinktiven Tierbewegungen. Zwischen diesen Polen entwickelt sich eine nicht-lineare Performance, welche von der Normalität des Alltags, Absurdität des klassischen Cartoons und Gefahr der (un)bekannten Natur erzählt. Mit spielerischem Humor und wiederkehrender Unheimlichkeit agieren die Performer mit Tiermasken auf der Bühne. Die Figuren vermitteln nicht nur optisch, dass ihnen mehrere Zustände gleichzeitig innewohnen. Ihr Repertoire speist sich aus der menschlichen Intuition und der ihrer evolutionsgeschichtlichen Vorfahren – sie sind Tier UND Mensch und nicht ODER.
Über die Gruppe:
El Cuco Projekt agiert am Knotenpunkt von Bildender Kunst und Choreographie und der kreativen Verflechtung dieser Kunstformen. In ihrer Arbeit fasziniert die Gleichzeitigkeit von Belebung der Maske und Verdinglichung der Gesamtgestalt.
Mitwirkende:
Eine Produktion von Sonia Franken und Gonzalo Barahona.
Co-produziert durch Barnes Crossing im Rahmen der Gastspielförderung des Kulturamts der Stadt Köln.
Gefördert von der Kunststiftung NRW.
laterne, laterne
Birks Laternenbastelworkshop
Wer seit der Kindergartenzeit ein wenig aus der Übung geraten ist, kann seine Kompetenzen im Laternen Basteln hier auffrischen und erweitern: Mit gängigen Materialien (Pappe, Transparentpapier, Schere und Kleber) sowie außergewöhnlicheren Mitteln (Platinen, LEDs, Plotter, Lötkolben) gestalten wir gemeinsam kleine Lichtkunstwerke. Diese können in einem anschließenden Lightwalk eingesetzt werden. Voraussetzungen: Erste Erfahrungen mit Bastelscheren, darüber hinaus keine weiteren Vorkenntnisse erforderlich!
Referent:
Birk-André Hildebrandt ist Lichtkünstler/-designer und Spezialeffekttechniker aus Bochum. In seinem Kollektiv scheinzeitmenschen realisiert er Grenzgänge zwischen Performance und medialen Installationen. Seit 2014 ist er Lehrbeauftragter im Bereich Lichtkunst für den Studiengang Szenische Forschung an der Ruhr-Universität Bochum.
Krötenwanderung – hannsjana
Im ZDF Dreiteiler „Krupp – eine deutsche Familie” spaziert Heino Ferch als Unternehmer Gustav Krupp neben dampfenden Hochöfen, wo jetzt hannsjana im Kunstnebel ihre Krötenwanderung unternehmen.Während der performativen Audio-Tour erprobt das Publikum die Rettung von Kröten – verstanden als Geld wie auch als freilaufende Amphibien. Tunnel und Quote sind vergleichbare Strategien, wenn es darum geht, Kröten in die richtige Richtung zu lenken: Auf die andere Seite der Straße und in das Portemonnaie von Frauen.
Feministische Ökonomie und Krötenschutz vereinen sich im Westpark, wo ein untergegangener Wirtschaftszweig als Kulisse für Kulturindustrie dient und ein ehemals giftiger Ort zu einer künstlich angelegte Flusslandschaft mit attraktiven Laichplätzen renaturiert wurde.
Über die Gruppe:
Das Künstlerinnenkollektiv hannsjana arbeitet sound- und humorbasiert. Ihre Audio-Walks sind zugänglich und feministisch. Information, Fehlinformation und Songs stellen ungezwungenen Kontakt zwischen Orten und Publikum her. Ihre Performances waren u.a. auf dem Kunstfest Weimar, Art Spin Berlin und im Künstlerhaus Salzburg zu sehen.
Mitwirkende:
Performance: 24hours – Ruby Behrmann
Auf Reisen werden neue Wege beschritten, fremde Kulturen erkundet und das Exotische wird zum Bekannten. Durch das Reisen mit Fremden werden schnell Freundschaften geschlossen und in kurzer Zeit entsteht ein intimer Moment, welcher sonst so im Alltag nicht möglich wäre.
Sie haben jetzt eine Minute Zeit sich zu entscheiden.
Über die Künstlerin:
Ruby Behrmann absolviert derzeitig ihren Master in Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Sie arbeitet an Performances und Installationen, sowohl im Kollektiv als auch als Solokünstlerin. In ihren Arbeiten verwendet Behrmann showästhetische Strategien zur kritischen Reflexion gesellschaftlicher Themen. Sie bearbeitet künstlerisch unter anderem Fragen zu Pop- und Hochkultur, Repräsentation von Identitätskonstrukten und Intimität und dessen Verwertbarkeit.
Mitwirkende:
Installation: #24hours
von Ruby Behrmann und Carlos Franke
Ab Freitag, den 11. November zu den Öffnungszeiten im Zeitzeug_ Festivalzentrum Rosa Strippe e.V. anzusehen.
SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv
Ein Park in Bern. Zwei Freunde auf einer Bank. Sie reden. Ganz normal. Doch plötzlich entfacht sich ein Gedankenstrudel von Lovestorys, Universum, Akrobatik, Botanik, Lebensphilosophie und Welterklärungsmodellen. Das Leben in seiner Absurdität ist nicht nachvollziehbar und an dem Versuch es zu begreifen und uns eine Meinung zu bilden können wir nur scheitern und das mit Freude. Zwei liebevoll bescheuerte Querdenker_innen in ihren Mittzwanzigern, stürzen sich, bei dem Versuch das Leben und die Welt zu begreifen in ein buntes undurchdringliches Chaos. Und was verdammt noch mal hat das Reh mit dem ganzen zu tun?
Eine Koproduktion von studiobühneköln und SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv im Auftrag von “west off 2015 – Theaternetzwerk Rheinland”
Über die Gruppe:
Das SÄCHSISCHE SCHWEIZ kollektiv nimmt sein Publikum mit auf atemlose und humorvolle Reisen durch die Galaxien ihrer Fantasie. Ihre Ideen sind bunt, absurd und politisch und ihr Handwerk vielfältig.
Mitwirkende:
Marlies Pahlenberg
Wer sagt: Du kannst doch nicht einfach bei Fremden klingeln und für einen Moment ihr Leben mitleben, man könnte ja jemanden stören.
Aber bei was?, fragte sich die Berliner Künstlerin Marlies Pahlenberg und klingelte in einer Berliner Straße an Haustüren, schloss sich der Beschäftigung der Bewohner an und lebte so für einen Moment ein fremdes Leben mit. Das Ergebnis ist der Film „Ufnaustraße“ (22 min). Er zeigt Sprünge durch Szenen wie der Taumel durch die Treppenhäuser, ein wilder Querschnitt der Bewohner einer ganz normalen Berliner Straße: witzig und einsam, bizarr und ganz normal. Die Kamera steht still und fängt die Szenen ein wie ein Zuschauer, der auf eine Bühne blickt. Alltagssituationen erscheinen skurril um im nächsten Moment wieder ganz vertraut zu wirken.
Über die Künstlerin:
Marlies Pahlenberg ist eine Berliner Künstlerin, die sich in ihren Arbeiten auf die Interaktion mit anderen Menschen fokussiert und eine zwischenmenschliche Beziehung von Künstler zu (unfreiwilligem) Protagonisten und schließlich zu dem Betrachter ihrer Kunst herstellt. Die Personen werden in alltäglichen, dadurch sehr individuellen und privaten Situationen filmisch und fotografisch eingefangen.
Mitwirkende:
Mein Körper – Meine Welt. – Anna Júlia Amaral
Eine Freilegung.
Der Körper ist eine Party, ein Universum. Wir bewegen uns jeden Tag: egal, ob wir tanzen, spielen oder nur durch die Stadt laufen. Wir sind Fleisch. Fleisch, das sich bewegt, das pulsiert.
Der Workshop ist eine Suche nach Wegen, sich dem eigenen Körper zu öffnen, Grenzen bewusst wahrzunehmen und diese zu überwinden. Es geht hier um Entgrenzung.
Bitte bringt bequeme Kleidung – ohne Kleidung geht auch – und eine gute Stimmung mit.
Referentin:
Anna Júlia Amaral ist eine brasilianische Performancekünstlerin. Sie studiert Szenische Forschung in Bochum. Ihr Workshop orientiert sich unter anderem an Konzepten der Regisseurin Anne Bogart.
Complicité
Zwei Männer, eine Begegnung. Zwei Schicksale, die unterschiedlicher, und zwei Gefühlswelten, die gleicher, nicht sein könnten. Der Blick eines Geflüchteten, eines Neuankömmlings, der sich auf einmal in einem unbekannten Kosmos wiederfindet, ist ein interessanter Spiegel, in Bezug auf die Differenz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung. Ein Spiegel ohne Zeigefinger oder Vorwurf. „Paradies und Eroberung“ ist eine Einladung zur Verständigung, platziert im Theatersaal.
Über die Gruppe:
Das Team von Complicité, Theater-Kollektiv aus Leipzig, besteht aus Künstlern deutscher und syrischer Herkunft. In „Eroberung und Paradies“ haben sie in intensiven Annäherungs-, Auseinandersetzungs- und Entfaltungsprozessen eine exemplarische Begegnung entworfen, die so oder so ähnlich, zurzeit an vielen Orten des Landes stattfindet.
Mitwirkende:
Eine Produktion von Complicité in Kooperation mit LOFFT – DAS THEATER und Blühende Landschaften. Gefördert durch das Kulturamt der Stadt Leipzig.
Als eintägige Auftakt-Veranstaltung für das ZeitZeug_ 2020, fand am 15. November 2019 das ZeitZeug_chen unter der Überschrift APPARAT statt.
Unter der Überschrift ZeitZeug_is love präsentierten vom 15. - 18. November 2018 verschiedene Künstler:innen ihre Projekte auf dem ZeitZeug_Festival.
Vom 23. - 26. November 2017 fand an unterschiedlichen Standorten in Bochum das ZeitZeug_Festival statt.