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Über Brüder und Schwestern

Geschwisterliebe ist Hassliebe. Das würden alle, die selbst mit Brüdern oder Schwestern aufgewachsen sind, so unterschreiben. Und davon erzählen auch in diesem Stück fünf ungleiche Geschwisterpaare, die genauso schnell aneinander geraten, wie sich ihre Konflikte auch wieder in Luft auflösen. Es wird erzählt von geteilten Zimmern, gemeinsamen Betten und schlechtem Zeitmanagement, das bei der gemeinsamen Nutzung des Badezimmers an seine morgendlichen Grenzen stößt. Privatsphäre gibt es wenig, Intimität dafür umso mehr. Nie verlassen die Darsteller_innen vollständig den Bühnenraum, und auch wenn sich zwei Geschwister miteinander prügeln oder aus ihren Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit erzählen, sitzen die anderen andächtig neben dran.

Orfeo

Wummernde Bässe dringen durch verschlossene Türen nach außen. Davor mit verschränkten Armen eine Gestalt in Ledermantel und Gasmaske. Ist das hier ein geheimer Technoclub? Oder schon der Hades, vom Wächter der Unterwelt bewacht? Wir werden vorerst jedenfalls nicht eingelassen, stehen draußen im Nieselregen und verspüren leichte Ungeduld, auch durch die aufziehende Kälte zu erklären. Dann die Erkenntnis: Orpheus beziehungsweise Orfeo ist einer von uns. Seine Stimme, die Eurydike zurückfordert, erklingt in unserer Mitte. Die Geliebte ist hier wie auch in der griechischen Mythologie sein Lebenssinn; ohne sie will er nicht sein. Aber wie sieht das Eurydike? Die ist zunächst verschwunden und mit unserem Eintritt ins Gebäude beginnt die verzweifelte Suche nach ihr. Wir werden von einer Ecke in die nächste geführt, immer wieder unterbrochen und beschimpft von einer Frau im Arztkittel. Orpheus behandelt sie wie einen nicht zurechnungsfähigen Pflegefall und hier werden entsteht zum ersten Mal der Eindruck, dass wir dem verzweifelt Liebenden durch eine psychiatrische Einrichtung folgen, aus der es kein Entkommen gibt. Ein rappender Pandabär schwächt diesen Eindruck zumindest nicht ab und wirkt entfernt wie eine Hommage an Wolfgang Herrndorf – der ließ sich selbst im Pinguinkostüm in die psychiatrische Klinik einweisen, in der das Stück uraufgeführt wurde.

“Verarbeite, was dich verarbeitet 2”

Ehrlich währt vielleicht nicht am längsten, aber doch eine Dreiviertelstunde. Und Möbelstücke aus Fritz-Kola-Kästen sind längst kein fancy Gimmick mehr, sondern eine als selbstverständlich integrierte Institution. Ganz klassich nutzt der Performer sie als körperliche Erhöhung und versammelt unsere Aufmerksamkeit, bevor er beginnt, Wind zu machen: um uns vor dem zu warnen, was kommt. Erst werden wir ein paar Filme zusammen gucken, dann Obacht weil Stroboskopichteinsatz, und dann zieht er sich aus. Also los.

Podiumsdiskussion “Best Practice Utopia: Es kann richtig gut werden”

“Practicing Utopia”

Ort: Zukunkftsakademie

Zeit: an einem grauen Novembernachmittag

In den Rollen:

Timo Köster als Kulturdezernent der Stadt Hagen und geleckter Anzugträger

Julia Wissert als ultrafeministische Intendantin in Bottrop

Azize Flittner als Bekämpferin des IS und des Patriarchats

Julia Nitschke als Tee schlürfende Videobotschafterin und Like-Button-Verfechterin

Annette Dabs als utopistische Email-Stimme, verlesen durch Azize Flittner

Oliver Kontny als eingeschüchterter weißer, männlicher, heterosexueller Moderator

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